Mittwoch, 28. April 2010

Sooner or later in life , the things you love, you loose.

Ich bin müde. Unfassbar müde in letzter Zeit. Ich komm nicht vor 6.30 aus dem Bett, obwohl ich es eigentlich sollte, da ansonsten nicht mehr als Katzenwäsche möglich ist. Ich war letzte Woche sogar das erste Mal, seit ich auf der Akademie bin, ungeschminkt dort. Für die meisten sicherlich keine große Sache, aber für meine Person mehr als ungewöhnlich.

Wenn ich mittags oder nachmittags heimkomme, schlafe ich meistens erstmal. Die Motivation etwas zu machen, sogar am Wochenende, ist schwindend gering, Das einzige, was mich dazu bekommt, doch rauszugehen, ist die Sonne.

Das einzige, was ich die Woche effektives vollbracht habe, war nach Bad Homburg zu fahren und mir das Musical anzusehen, in dem mein bester Freund mitspielt. Eine Produktion unseres alten Chors, die erste große, seit ich nicht mehr dabei bin und wie es aussieht wohl auch die letzte unter der Leitung, die uns über die Jahre so lieb und teuer geworden ist. Das wars. Das ist das Ende einer Ära - aber ich denke, dass das nur diejenigen verstehen können, die es erlebt haben.

Auf die Leistung von meinem besten Freund bin ich auf jeden Fall unheimlich stolz. Dort unten in der ersten Reihe zu sitzen und zu sehen, wie die Bühne gerockt wird, sich zu erinnern, was für ein unbeschreiblich tolles Gefühl das ist, die Aufregung, das Adrenalin, besser als jeder Sex es je sein könnte, das war in dem Moment so schön, dass ich gemerkt habe, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Aber wir bewahren schließlich die Fassung.

Die Ära, die endet, hat meiner Ansicht nach viel mit Gewohnheit zu tun. 2010 ist bis Jetzt das Jahr der stetigen Veränderungen, der Reisen, des Wachstums und auch ein stückweit der Ernüchterung. Man erkennt immer mehr, dass die Vorstellungen, die man früher als Schüler von diesem Lebensabschnitt hatte, ungefhr soviel mit der Realität zu tun haben, wie Paris Hiltons Leben mit dem eines AIDS-Waisen im Sudan.

Mit 15 oder 16 Jahren stellten wir uns vor wie wir mit Anfang/Mitte 20 die Welt bereisen, studieren, auf die heißesten Partys gehen, die schönsten Liebeserklärungen erhalten, nebenbei noch einen tollen Job haben, der uns mit wenig Mühe viel Geld einbringt, um diesen Lifestyle zu finanzieren. Die Wahrheit aber ist relativ erbarmungslos: Viele haben nicht einmal einen Studienplatz, schlagen sich mit Minijobs herum, der Stromrechnung, führen trotz weltweit anerkannter Volljährigkeit immernoch elendige Diskussionen mit ihren Eltern und wissen nicht, was sie am Wochenende treiben sollen, da alles einfach unfassbar teuer geworden ist.

Mit 15 Jahren war es ein Glücksfall fünfzig Euro zu erhalten. Wir hatten das Gefühl uns gehöre die Welt. Und heute? Heute geht man einmal nach der Vorlesung in den Supermarkt oder bezahlt die Telefonrechnung und 'puff' - weg ist es. Aber wir konnten es ja nicht abwarten erwachsen zu werden.

Erwachsen zu werden und festzustellen, dass nichts wirklich Bestand hat. Wer ist noch mit seiner alten Clique unterwegs? Den Schulfreunden, denen man damals geschworen hat, immer befreundet zu bleiben? Diese Freundschaft besteht meist aus einer netter Rundmail im Facebook-Postfach an Weihnachten. Die wenigstens Freundschaften überstehen das Abitur oder die mittlere Reife.

Und die Liebe? Erinnert ihr euch noch an eure "erste große Liebe"? Wie man gelitten hat, wie fest man dran glaubte, dass diese Person die Eine sei. Wie man gelitten hat. Und heute blicken wir zurück und fragen uns, wie bescheuert wir damals eigentlich waren.

Bei der Aufführung meines besten Freundes traf ich auch ein Mädel wieder, dessen Mentorin ich damals war, als sie in die fünfte Klasse kam und ich in der zehnten war. Sie kam auf mich zugerannt und erkannte mich sofort - ich für meinen Teil war erstmal mehr als perplex. Sie ist mittlerweile 16, eine junge Frau, die dort Arm in Arm mit ihrem Freund stand und von dem kleinen Mädchen von damals ist nichts mehr übrig. Ich kam mir selten so alt vor.

Das Jahr der Veränderungen eben. Ich für meinen Teil bin echt neugierig was noch alles passieren wird.

Dienstag, 13. April 2010

Man ist immer auf der Suche nach einer Wohnung, einem Job oder einer Beziehung.

Sobald man auszieht, sprich im Alter von 16-23 (älter ist mir suspekt), sucht man eine Wohnung, die den eigenen Vorstellungen entspricht. Ich fand immer große, offene Küchen mit Kochinseln toll, freistehende Badewannen, Altbau mit Stuck an den Decken und Schlafzimmer mit begehbaren Kleiderschränken.

Meine erste Wohnung hatte das alles nicht. Eigentlich keine meiner Wohnungen, aber die erste war mit Abstand eine Katasrophe! Eine 1-Zimmer-Dachgeschosswohnung mit schiefen Fensterrahmen, ner Dusche in der Küche und nem Boiler, der nachts irgendwann mal explodiert ist. Und das ganze für 400Euro im Monat.

Als ich aus dieser ausgezogen bin, habe ich drei Kreuze gemacht und mittlerweile habe ich meine vierte eigene Bude. Wirklich damit zufrieden bin ich nicht, da die Küche mehr als zu klein geraten ist, das Laminat stümperhaft verlegt ist, die Heizungsrohre gluckern, es zu wenig Steckdosen gibt, die Wände für tiefe Bohrlöcher ungeeignet sind und und und. Aber es ist die Beste, die ich mit Abstand hatte.
Okay, die davor war doppelt so groß, hatte Terasse und Balkon, zwei Stockwerke, ein tolles Bad und eine schöne Wendeltreppe, aber sie lag nunmal am Arsch der Welt.

Dafür, dass ich 21Jahre alt bin und nicht Vollzeit arbeite, ist meine Wohnung also mehr, als sich die meisten in meinem Alter vermutlich erträumen können und somit für die gegeben Umstände "perfekt". Auch, wenn man im moment über Schrankteile steigen muss, da ich unfähig bin den betreffenden Schrank alleine aufzubauen.

Die Wohnung hätte ich also.

Thema zwei ist der Beruf. Ich persönliche "lerne" gerade Fremdsprachenkorrespondenz. Ich bin Kursbeste, die Jobchancen sind groß, ich kann nach meinem Abschluss arbeiten, weiterstudieren (Simultandolmetsching), ein Sabbatjahr nehmen und mir danach immernoch sicher sein einen festen, gut bezahlten Arbeitsplatz zu erhalten. Schönes Einstiegsgehalt, die Möglichkeit auf Jobs im Ausland, die ich auch mit Freuden nutzen werde und verschiedene Arbeitsfelder.
Bis dahin gebe ich also einfach weiter Nachhilfestunden.

Den Job hätte ich in dem Sinne auch.

Thema drei: die Beziehung. Nunja, die habe ich nicht und die suche ich momentan auch nicht. Ich habe die Theorie, dass dieser dritte Punkt die anderen beiden aus dem Gleichgewicht bringen würde. Wenn man viel Energie in eine Beziehung steckt, was man schließlich auch tun sollte, vernachlässigt man wohlmöglich den Beruf. Zudem habe ich momentan keine Lust auf ein parasitäres Subjekt, welches die ganze Zeit in meiner Wohnung hockt.

Versteht mich nicht falsch, es ist schön, wenn man einen Freund hat, aber diesen potentiellen Freund, so groß die Gefühle für ihn auch sein mögen, die ganze Zeit bei mir zu haben, würde mich auf Dauer wohl verrückt werden lassen. Das endet schlimmstenfalls im Zusammenziehen und was ich davon halte, habe ich ja bereits in einem anderen Eintrag ausführlich erörtert (http://sonnenbrillenzeit.blogspot.com/2010/03/in-der-liebe-sollte-man-alles-teilen.html).


Ich stelle also fest, dass es nahezu unmöglich ist diese drei Punkte so zu vereinen, dass sie für einen selbst perfekt sind: Eine schöne Wohnung, in die man gerne heimkehrt, einen Job, der einen erfüllt und gleichzeitig genug Geld bringt und eine Beziehung, die aus der richtigen Mischung von Nähe und Distanz besteht.

Möchte jemand widersprechen? Gerne, legt los. Aber ich erwarte Beweise. Und übrigens: ein Zimmer mit eigenem Bad/eigener Küche in Mamas und Papas Keller/Dachboden zählt nicht als eigene Wohnung, ein möbliertes Zimmer mit Bad genausowenig. Ein eigener Mietvertrag ist mindestens von Nöten. Das und die Selbstfinanzierung durch Geld, was staatlich gesehen euch gehört.

Sonntag, 11. April 2010

Eine Beziehung ist wie Couture - wenn sie nicht hundertprozentig passt, ist sie fürn Arsch! Und das egal in welchem Teil der Welt.

Nundenn, dieser Eintrag wird gar nicht so einfach zu schreiben sein, da ich mir die letzten Tage nicht, wie sonst üblich, bei spontanen Geistesblitzen Notizen machen konnte. So ist das eben, wenn man ein paar Tage im Ausland ist und das Notebook nicht mit hat.

Aufgefallen ist mir eines: Egal wo man ist, das "Grundbalzverhalten" ist das selbe. Ihr wisst schon, der Teil mit dem Blickkontakt, dem Anlächeln, dem Ansprechen und und und. Im besten Fall läuft so ein Flirt auf eine Beziehung hinaus und die basiert meistens auf Kompromissen. Aber wie viele Kompromisse sollte man eingehen, wieviele Macken und Fehler tolerieren?

Eine Beziehung ist doch letztendlich wie Couture - wenn sie nicht 100%ig passt, ist sie fürn Arsch.
Wenn ich mir beispielsweise in einem der wunderbaren Läden in der Goethestraße in Frankfurt, auf der Kö in Düsseldorf oder bei net-a-porter.com ein Couture-Kleid kaufe und so dermaßen viel Geld ausgebe, sollte es auch passen, oder? Da gebe ich mich auch nicht mit einem"okay" zufrieden.

Aber wieso begnügen sich dann so viele Menschen, wenn ihre Beziehung nur okay ist? Ist es diese Angst vor dem allein sein? So nach dem Motto "ich nehme halt mal das, was da ist - dann hab ich wenigstens etwas." Das Äquivalent zu dem Geld, das wir für das erwähnte Couture-Kleid ausgeben, ist doch im Grunde die Energie und irgendwo auch die Opferbereitschaft, die wir bereit sind, in eine Beziehung zu investieren - wieso dann ein Verlustgeschäft eingehen?

Beispielsweise sollten einem die selben Werte wichtig sein. Beständigkeit, der Wunsch sich ein Häuschen zu bauen, Kinder in die Welt zu setzen und einen ordentlichen, sicheren Job zu haben - nicht mein Ding. Ich finde es toll immer wieder in einer neuen Stadt aufzuwachen, vielleicht sogar in einem neuen Land. Wieso also nicht umziehen, auswandern, sich einen Job suchen, bei dem das nicht nur eine Möglichkeit ist, sondern eine Vorraussetzung? Damit können die meisten nur (leider?) nichts anfangen.

Dieser ständige Drang weiterzuziehen, diese innere Unruhe, kommt wohl daher, dass ich es nicht anders kenne. Ich bin keine Deutsche und ich bin hier nunmal immernoch Ausländerin. Vor ein paar Tagen aber, war ich in der "Heimat" - laut Muttersprache, Pass und ehemaligem Wohnort zumindest. Aber daheim? Nein, so habe ich mich nicht gefühlt - im Gegenteil.

Wenn man also nirgendwo wirklich hingehört, ist man vermutlich ständig auf der Suche. Mittlerweile weiß ich zwar, dass ich mein "Zuhause" nicht an einer Meldebescheinigung festmache, sondern daran, wo mein Herz ist, sprich, bei den Menschen, die ich liebe. Aber manchmal frage ich mich doch, wie dieses Zuhause-Ding normalerweise läuft.

Ihr wisst schon, der Teil mit an einem Ort aufwachsen, immer im selben Haus leben, nur auf einer Schule zu sein und so weiter. Als Kind habe ich solche Menschen immer beneidet, mir ging das ständige Rumreisen ziemlich auf den Wecker, aber mittlerweile hat es sich zuweilen eher in Mitleid gewandelt. Ich bin froh die Erfahrungen gemacht zu haben und zu wissen, dass sich echte Freundschaft nicht an Kilometern festmachen lässt, eine gewissen Flexibilität entwickelt zu haben und nicht so festgefahren zu sein.

Es wäre nur zur Abwechslung mal ganz nett Leute kennenzulernen, die etwas Ähnliches hinter sich haben. Mit irgendwem muss man ja über die ganzen "beständigen Menschen" lästern können.

Sonntag, 4. April 2010

Und die letztendliche Moral von der Geschichte ist, dass doch alles seinen Preis hat. Aber wie viel sind wir bereit zu bezahlen?

Man geht in den Supermarkt, weil das Wochenende bevorsteht, und kauft ein. In den Korb kommen vermutlich sowas wie ein Salat, eine Gurke, eine Flasche Landliebe-Kakao, zwei Becher Joghurt, ein bisschen Hühnchenfilet, eine Packung Champignons, eine Flasche Wodka, 4 Dosen Energydrink und ein BigPack Zigaretten.

Wenn man eine schlechte Phase hat, sieht man auch nicht sehr frisch aus, hat meistens ne Röhrenjeans an, flache Schuhe, n Kapuzenpulli, der ungefähr drei Nummern zu groß ist, und die obligatorischen Stöpsel des MP3-Players in den Ohren. Pony im Gesicht, Pferdeschwanz oder Hippieband, Augen, wenn überhaupt, dunkel geschminkt.

Die Pärchen im Supermarkt beäugen einen schon. Egal an welchem Wochentag, egal zu welcher Uhrezit. Und an der Kasse lächelt einen die Kassiererin, die ihre beste Zeit meist schon hinter sich hat, leicht mitleidig an, während sie gerade die Gurke über den Scanner schiebt.

Anscheinend ist es heutzutage ein Verbrechen Single zu sein.

Keiner im Supermarkt sieht, dass man sich hinterher vielleicht mit einer Freundin auf nen Kaffee trifft, dass man vielleicht einen lustigen DVD-Weinabend geplant hat, dass man vielleicht um 1Uhr nachts noch in nen Club zieht und ne tolle Nacht haben könnte.

Nein, was sie sehen ist: "Uh ein Single-Einkauf. Die schläft heut allein, während ich zu meinem Mann/Freund heimfahre, mit dem ich ja ach so glücklich bin."
Dass es sein könnte, dass ihr Mann ihre beste Freundin bumst, während die gute Dame Gurken, Kondome und Olivenöl über den Scanner zieht, wird ja schließlich konsequent ausgeblendet.

Was wäre aber, wenn man im Supermarkt, direkt zwischen Kondomen und Frauenzeitschriften, die perfekte Beziehung kaufen könnte? Würde man sie kaufen? Egal zu welchem Preis oder nur, wenn sie grad im Angebot ist? Ich denke nicht.

Wir brauchen den ganzen komplizierten Mist doch, damit es sich "echt" anfühlt, damit wir das Gefühl erhalten, jemanden erobert zu haben bzw. erobert worden zu sein. Damit wir unser kleines persönliches Hollywood-Märchen kreieren können. Zumindest glauben wir dies zu tun.

Wir verlieben und und können die Person, warum auch immer nicht haben, also sind wir zurück im Stadium des Brainfucks. Da helfen alle Zigaretten und alle Wodka-Energys der Welt nicht. Oder jemand verliebt sich in uns, ein guter Freund, und wir wissen einfach nicht, wie wir das handeln sollen. Denn egal, wie wir damit umgehen, letztendlich sind wir doch der herzlose Arsch.

Menschen verschwinden aus unserem Leben, weil wir ihr Dasein nicht ertragen können. Andere verlieren wir, weil wir sie vernachlässigen, wenn wir verliebt sind. Wieder andere stoßen uns weg, weil sie mit einer Ablehnung nicht zurecht kommen.

Egal welche zwischenmenschliche Beziehung wir zu führen versuchen - wir müssen dafür bezahlen. In Aufmerksamkeit, in Kompromissen, in Sex, in Selbstverrat. Und die letztendliche Moral von der Geschichte ist, dass doch alles seinen Preis hat. Aber wie viel sind wir bereit zu bezahlen?

Donnerstag, 1. April 2010

Mein Körper wandelt nur noch als l(i)eblose Hülle auf Erden, quasi ein Geist bzw. ein Abbild von dem, das ich mal war.

Welche Liebe ist real und welche nicht? Wenn man sich Liebe auf Grund von einer körperlichen Bindung, auf Grund von Nähe, herbeisehnt, ist es dann nur ein Trugschluss, oder kann es zu Liebe werden? Wer definiert überhaupt, was echte Liebe ist, und was nicht?

Ich danke einem der wichtigsten Menschen in meinem Leben dafür diese wunderbaren Zeilen mit mir geteilt zu haben. Kombiniert mit meinen Ergüssen sind sie nun ein vollständiger Eintrag und ich will sie der Welt auf keinen Fall vorenthalten:

Ich weiß sicher, dass diese Art von - nennen wir sie mal - Liebe nicht real ist, aber um Matrix zu zitieren: »Es ist nicht real, aber in deinem Kopf wird es real!«
(Morpheus zu Neo zum Thema Sterben in der Matrix, die ja nicht real ist. Aber stirbst du in der Matrix, quasi der Geist, dann stirbt auch der Körper in der realen Welt.)
Daher komme ich zu dem Entschluss: Dieser Brainfuck von gespielter oder vorgegaukelter oder unrealer oder virtueller oder scheinbar realer Liebe zerstört auf die Dauer meinen Geist. Es wird mich nicht umbringen, aber früher oder später wird es nur in eine Richtung verlaufen: Mein Körper wandelt nur noch als l(i)eblose Hülle auf Erden, quasi ein Geist bzw. ein Abbild von dem, das ich mal war.

Ich weiß, ich übertreibe nun wirklich ziemlich stark, aber wenn man nicht stark genug ist, dagegen anzukämpfen, könnte das wirklich eine Möglichkeit sein, dass es so endet.

Der einzige Schritt ist: Der Geist muss stärker sein als der Körper. Das heißt, das Über-Ich muss über das Ich und dem Es stehen!

Am ehesten kann man diese Situation nachvollziehen, wenn man "unglücklich" verliebt ist und die Person, die man will, bereits zu einer anderen gehört. Es bricht einem das Herz das fremde Glück mitansehen zu müssen.

Man fühlt sich wie ein Obdachloser an Weihnachten, der hungrig vor dem Fenster einer fröhlichen und überaus glücklichen Familie steht, die im warmen Esszimmer um den reich gedeckten Tisch sitzt, sich liebt, lacht und gemeinsam die fette Weihnachtsgans verspeist. Während der Obdachlose einfach draußen in der Kälte steht, mit leerem, mittlerweile vom Hunger zerfressen, schmerzenden Magen und friert. Er sehnt sich nur nach etwas Wärme und einer kleinen Speise, kann beides aber nicht bekommen, da die Familie so damit beschäftigt ist, sich selbst zu lieben und nur auf ihr Beisammensein achtet.

Durch den physikalischen Effekt der Spiegelung, kann die Familie kein schlechtes Gewissen bekommen, da sie den Obdachlosen nicht einmal erkennen können, denn draußen ist es dunkel und drinnen lodert das wärmende Kaminfeuer, so dass die Fensterscheiben einfach nur schwarz erscheinen.

Überträgt man das auf die Liebe, dann sind die Fensterscheiben nichts anderes als die rosa-rote Brille des Verliebtseins, man blendet einfach alle anderen aus, und man merkt es nicht einmal.

Einziger Trost ist: Sollten für die glückliche Familie auch einmal schlimme Zeiten ausbrechen und ihr Feuerholz ausgehen, dann wird das wärmende Kaminfeuer irgendwann erlöschen. Am Anfang sind die Augen noch geblendet von den heißen Flammen, aber mit der Zeit wird der Blick klarer und dann erst wird die Familie die Welt draußen vor dem Fenster wahrnehmen. Für einige in der Familie wird die Welt draußen schrecklicher sein, für andere schöner als das traute Heim und andere reizt einfach das Neue und die Gefahren, die außerhalb der geborgenen Wohnstube lauern.
So kann es die Familie entweder fester zusammenhalten, oder, früher oder später, wird sie schlicht und einfach zerrissen. Nicht von der Außenwelt, nein, sie wird sich selbst durch Selbstzweifel, Vorwürfe, Neid und Eifersucht zerreißen. Zudem wird der Wohnraum, in der sie lebt, durch das erloschene Feuer immer mehr auskühlen, bis sogar Eiszapfen an der Decke des trauten Heimes hängen und die Kälte durch die Mauern zieht. Die Gans ist auch schon längst verputzt und übrig blieben nur die abgenagten Knochen.

Hunger und Kälte werden dann auch die stärkste Familie auseinander treiben.

Das weiß auch der Obdachlose, der zwar nichts zu Essen hatte, und auch schon vergessen hatte, wie es ist, die Wärme des Feuers zu spüren. Aber da er seit Jahren nicht mehr in den Genuss der Wärme kam, hat er dieses wohlige Gefühl mittlerweile schlicht und einfach vergessen. So misst er es auch nicht und kann sich darüber freuen, dass er immerhin noch mit sich selbst zufrieden ist, während er zusieht, wie die Familie immer weiter zerbricht, sich anfängt zu streiten und am Ende trennt.

Der Obdachlose freut sich darüber, dass er die Wärme nicht spüren konnte, weil das dicke schwarze und blinde Glas dazwischen lag, und geht. Er geht weiter. Und vergisst. Er vergisst das Feuer. Er vergisst die Gans. Und er vergisst die Familie. Doch was er nie vergessen wird, ist sein schmerzender Hunger und die Tatsache, das er trotz allem allein ist, aber glücklicher, als die Familie, die nur ums Feuer saß, solange es noch brannte.

Ich danke dir von Herzen.